Pressespiegel

Seminararbeit 2011 - von Ulrike Kruhse

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5. Künstlerin Roswitha Lammersdorf

In der Kuhstraße der Meppener Innenstadt gibt es ein kleines Atelier, das vermutlich schon jeder Meppener gesehen har. Aber selten nimmt es jemand bewusst wahr. Dieses kleine Atelier gehört Roswitha Lammersdorf, einer Künstlerin aus Meppen. Durch die großen Fensterscheiben haben die Passanten die Möglichkeit ihr bei der Entstehung eines Bilder zuzusehen. Oft bleiben Menschen stehen und schauen herein, vot allem Kinder. Hinein kommen jedoch eher wenige.

5.1 Ihr Leben

Roswitha Lammersdorf ist 49 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von zwölf und vierzehn Jahren. Neben ihrer Arbeit als Mutter und Hausfrau, ist sie als Physiotherapeutin tätig. Es ist eine Arbeit, die ihr sehr viel Freude bringt und ihr Leben sehr bereichert. Ebenfalls gehört sie zur Künstergruppe „Artgerecht“ und ist zusätzlich an zwei Schulen als Kunstschuldozentin tätig.

Frau Lammersdorf kommt gebürtig aus Meppen. Nachdem sie eine Schulausbildung abgeschlossen hatte, machte sie eine Ausbildung zur Arzthelferin. In Hannover folgte eine Ausbildung zur Physiotherapeutin. Anschließend arbeitete sie zwei Jahre in Meppen, zog nach Heidelberg, später nach Münster. Bis dahin hatte sie nur den Wunsch gespürt künstlerisch zu arbeiten. In ihren Anatomie-Vorlesungen zeichnete sie Körperteile oder Mitschüler. Als sie schließlich wieder in Meppen wohnte, nahm sie an einem Wochenendseminar des Kunstkreises teil. Nach Eintritt in eine Arbeitsgemeinschaft im Kunstkreis begann Frau Lammersdorf ein Kunststudium in Enschede (Niederlande), welches ihr von einem Freund empfohlen worden war. Da sie vom Staat aufgrund ihres Alters keine Unterstützung mehr bekam, studierte sie parallel zu ihrer beruflichen Arbeit. „Das war eine schöne Zeit: morgens etwas Seriöses zu machen und abends dann in diese bunte Welt zu fahren.“ Nach diesem Studium legte Frau Lammersdorf eine Pause ein und kümmerte sich um ihre Familie. Zuhause hatte die Familie ein Malzimmer, damit die Künstlerin ihrer Leidenschaft weiter nachgehen konnte. „Irgendwann haben dann die Kinder das Malzimmer in Beschlag genommen.“ Um wieder einen Einstieg in die Kunst zu erlangen, gründete sie selbst eine Arbeitsgemeinschaft im Kunstkreis. Wenig später richtete Roswitha Lammersdorf ihr Atelier in der Kuhstraße ein. Dieses wurde erst ein paar Jahre danach der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Heute ist sie dort immer samstags von elf bis dreizehn Uhr anzutreffen.

5.2 Ihre Kunst

Die Bilder von Roswitha Lammersdorf sind sehr verschieden. Die Einen sind klar zu erkennen, die Anderen bauen auf die Fantasie des Betrachters. Die meistens Bilder sind Motive aus der Natur, die Frau Lammersdorf beim Spazierengehen, auf Fotos oder Postkarten entdeckt und umgesetzt hat, meistens aus dem Bauch heraus.

„Meine Liebe für die Natur war eigentlich immer schon da. Das war immer das, wo ich mich am wohlsten gefühlt habe und auch immer viel gesehen habe.“
Zum Beispiel sind auf einer Malerei Blumentöpfe dargestellt, während auf einer anderen vielleicht mit sehr viel Vorstellungskraft, die durch die Bäume schimmernden Sonnenflecken auf dem Rasen zu erkennen sind. Denn die Grundfarbe des Rasens ist hier Lila, anstatt Grün. „Ich male, wozu ich gerade Lust habe“

Durch die expressiven Farben, vorwiegend Acryl und Gouache, und dem liebevollen Malstil werden die Natureindrücke auf der Leinwand für den Betrachter regelrecht spürbar und erwecken in ihm eine neue Lebensfreude.
Im Sommer verwendet die Künstlerin eine ganz besondere Technik. Sie legt ein Tuch auf den Rasen bemalt dieses und lässt die Natur daran teilhaben. Die Farben nehmen die Struktur des Rasens auf. Regen, Wind oder die von den Bäumen fallenden Blätter verändern das Bild. „Dann lass ich das einfach liegen und zwei, drei Tage später sieht es wieder ganz anders aus.“ Dies ist eine spannende Art und Weise mit der nicht nur Frau Lammersdorf, sondern ebenfalls die Natur der Künstler dieser Bilder wird.
Neben Leinwände bemalt die 49-jährige auch Bänke und Stühle. Diese sind oft sehr bunt oder haben verschiedene Körpermotive. Gelegentlich stehen diese vor Ihrem Atelier in der Innenstadt und ziehen Blicke der Passanten auf sich.
Immer wieder zeigt die Künstlerin ihre Arbeit der Öffentlichkeit. Zu sehen sind ihre Kunstwerke zurzeit in der Ausstellung „Kunst im Krankenhaus“ im Krankenhaus Ludmillenstift in Meppen.

5.3 Ihr Bild - „Wiedervereinigung“

Eines ihrer Bilder, „Wiedervereinigung (Berliner Mauerfall 20 Jahre)“, malte Roswitha Lammersdorf für die Ausstellung „getrennt-vereint-vereint-getrennt“ vom Meppener Kunstkreis zum 20-jährigen Bestehen der Deutschen Einheit. Im Gegensatz zu ihren meisten anderen Kunstwerken hat dieses Gemälde eine sehr gedankliche Tiefe. Frau Lammersdorf sagt selbst: “Dieses Bild ist dann mehr für Menschen, die sich das mit dem Kopf ansehen.“ Auf dem Bild ist eine Mauer zu sehen. Mit großen Buchstaben ist darauf „DDR“ geschrieben. Davor steht ein bunter Bär. Weiter im oberen Teil über der beschädigten Mauer ist eine Brücke gemalt, auf der ein blauer, kleiner, comic-artiger Trabbi fährt und versucht die Mauer zu überqueren.

Es ist nicht schwer zu erkennen, dass die Mauer die sogenannte Berliner Mauer darstellen soll, die damals die Deutsche Demokratische Republik (DDR) von der Bundesrepublik Deutschland (BRD) trennte. Die groß geschriebenen Buchstaben „DDR“ zeigen dem Betrachter, dass es sich gerade auf der Seite der BRD befindet. Der bunte Bär visualisiert das Landeswappen Berlins: den Berliner Bären. Jedoch ist es kein gewöhnlicher Bär, sondern einer der sogenannten Buddy Bären. Die United Buddy Bears sind etwa zwei Meter große Figuren, die in ganz Berlin verteilt stehen. Jeder Bär ist von einem anderen Künstler individuell für sein eigenes Heimatland angemalt worden. Sie stehen für Toleranz und einem guten Miteinander zwischen Menschen, Völkern, Kulturen und Religionen. Dieser für Frieden stehende Bär befindet sich nun vor der Berliner Mauer und möchte in die DDR hinein. Er repräsentiert somit den Willen zu einem wiedervereinigten Deutschland. Bei der Brücke im oberen Teil der Bildes hat der Betrachter das Gefühl, dass sie über die Mauer hinweg verläuft. Diese Brücke ist die „Bösebrücke“, der ehemalige Grenzübergang Dornholmer Straße. Dies war 1989 der erste geöffnete Grenzübergang, über den die DDR-Bürger in die BRD gelangen konnten. Der kleine Trabbi fährt über die beschädigte Mauer. Es wird deutlich, dass der Mauerfall bevorsteht. Der erste Grenzübergang ist geöffnet. Doch der Trabbi wirkt durch seine comic-artig Zeichnung regelrecht naiv. Er vertritt all‘ die naiven Menschen aus der DDR, die mit dem Glauben herüberkamen, dass in der BRD alles besser wird und dass ihnen die Welt nun offen stehe.

In diesem Bild sind sehr viele tiefgründige Details zu entdecken, die den Betrachter bei längerem Hinsehen nachdenklich stimmen. Dadurch hat es eine ganz besondere Ausstrahlung.